Schopenhauer gilt als der mit Abstand größte und brillanteste Pessimist unter den Philosophen. Er entdeckte als erster, dass unser individuelles Leben und der Lauf der Weltgeschichte nicht von Vernunft, Intellekt und sinnvoller Planung bestimmt sind, sondern von einem blinden und hungrigen Willen, der auch die Pflanzen und Tiere antreibt. Anstelle der Vernunft regiert, so Schopenhauer, als metaphysisches Grundprinzip einzig und allein der "blinde Wille, auftretend als Lebenstrieb, Lebenslust, Lebensmuth: es ist das Selbe, was die Pflanze wachsen macht." Denn jedes Wesen auf der Erde ist von diesem Lebenswillen erfüllt und muss sich, um zu leben, nach der Sonne strecken, andere Wesen abschatten, verdrängen, vertreiben, jagen, fressen und fürchten, selbst gefressen zu werden. Sogar der majestätisch wirkende Löwe steht auf einem Berg von Leichen, denen er sein Leben verdankt. Am schlimmsten aber sind laut Schopenhauer die Menschen, die sich untereinander sowie den Tieren und der ganzen Natur das größte Leid zufügen. Sie setzten ihr Bewusstsein für Täuschung und planvolle Ausbeutung ein, bauen Fabriken, sperren Tiere in Käfige und Ställe und führen Kriege um Länder und Rohstoffe.
Ähnlich wie die Buddhisten kommt Schopenhauer daher zu dem Ergebnis, dass Leben automatisch Leiden bedeutet. Wörtlich sagt er: "so ist jede Lebensgeschichte eine Leidensgeschichte." Und ganz
ähnlich wie die Buddhisten zieht er daraus eine radikale Konsequenz. Wir müssen "Nein" sagen zum Leben und uns durch Kunst, Askese und Meditation der Ruhelosigkeit und Getriebenheit
verweigern.
Was heißt das aber konkret? Wie kann ich zum Leben "Nein" sagen? Wenn unser Leben nichts anderes ist als die Verwirklichung des blinden Willens, ein einziges Fressen und Gefressen werden, wie
kann ich mich diesem dann noch entziehen? Und: Was nutzt uns Schopenhauers Pessimismus heute? Wird uns nicht gerade umgekehrt Optimismus und positives Denken empfohlen? Schopenhauer gibt uns auch
heute noch faszinierende und kompromisslose Antworten. Sein Kerngedanke wird anhand von über hundert seiner besten Zitate dargestellt. Das Buch ist in der beliebten Reihe "Große Denker in
60 Minuten" erschienen.
"Schopenhauer selbst meint: ‚Wer etwas zu sagen hat, kann es auch klar sagen.‘ Und klar wird in dieser Einführung der eine große Gedanke Arthur Schopenhauers.
Dr. Sebatian Maier-Madignier